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LEO Express Deutschland meldet Insolvenz an

Veröffentlicht am 9. Oktober 2020 | Lesedauer: 8 Minuten

Erst vor wenigen Wochen wurde auf unsere Nachfrage hin bekannt, dass sich Flixtrain nicht nur von seinem langjährigen Partner Bahn-Touristik-Express getrennt hat, sondern auch von LEO Express, die bereits seit dem Start von Flixtrain mit an Bord waren. Daraufhin meldete sich auch ein Sprecher von LEO Express zu Wort und erhob schwere Vorwürfe gegen Flixtrain. Nun geht die Geschichte offenbar weiter. So meldete, laut Informationen eines Sprechers, das Management von LEO Express in Deutschland nun Insolvenz an.

Grund für die Insolvenz sollen ausstehende Zahlungen von Flixtrain sein. So habe LEO Express laut einem Sprecher erhebliche Forderungen gegenüber Flixtrain, die bisher nicht bezahlt worden seien. Zudem bestehe derzeit keine Möglichkeit die Fernverkehre mit einem anderen Partner fortzuführen. Der eingesetzte Insolvenzverwalter solle die Ansprüche nun weiterverfolgen und eine Lösung finden.

Ursprünglich betrieb LEO Express in Zusammenarbeit mit Flixtrain die Strecke von Berlin nach Stuttgart. Und dieses Angebot wurde in der Vergangenheit auch immer recht gut angenommen, sodass die Züge häufig gut gefüllt waren. Dann kam jedoch die noch immer anhaltende Corona-Pandemie, die dazu führte, dass das Fahrgastaufkommen deutlich zurückging und Kunden auf Reisen verzichteten. Daraufhin stellte LEO Express auf dringende Bitte von Flixtrain hin den Verkehr auf der Linie von Berlin nach Stuttgart ein. Laut eines Sprechers von LEO Express passierte dies rein aus wirtschaftlichen Interessen von Flixtrain, während es keine behördliche Anordnung oder Empfehlung einer öffentlichen Stelle gegeben habe.

Als sich die Lage entspannte, habe LEO Express immer wieder dringend darum gebeten den Betrieb der Züge wieder aufzunehmen. Doch Flixtrain lehnte dies offenbar immer wieder ab und kündigte schlussendlich den Vertrag und habe damit laut LEO Express in schwerwiegender Weise gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen.

In der Tschechischen Republik, der Slowakei und Polen konnte LEO Express seinen Betrieb hingegen unbeirrt fortführen und investierte dort auch in Sicherheitsmaßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Corona-Virus. Dort bewies man aus Sicht von LEO Express auch, dass es durchaus möglich ist privaten kommerziellen Schienenverkehr erfolgreich zu betreiben. In Deutschland sei dies jedoch nicht gelungen, da Flixtrain das Projekt „aus reinem Eigennutz zerstört“ habe.

In Zukunft möchte sich LEO Express vor allem auf regionale Linien in Deutschland konzentrieren. Allerdings erhob man auch hier schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. So sei es ein weiterer Schlag für das Unternehmen gewesen, dass die Bundesregierung mit einer Kapitalerhöhung bei der Deutschen Bahn „de facto zur Entstehung von Monopolisten“ beitrage.

Flixtrain selbst hat sich zu den neuen Verwürfen bisher noch nicht geäußert, teilte aber bereits vor einigen Wochen mit, dass man die Strecke zwischen Stuttgart und Berlin weiterhin anbieten wolle. Dafür ist man derzeit wohl auf der Suche nach einem neuen Partner. Man rechnet dabei aber wohl selbst mit einem längeren Prozess und entfernte zum Fahrplanwechsel die Strecke daher auch komplett aus dem Liniennetz auf der eigenen Website.

Interessant dürfte nun werden wie es mit LEO Express weitergeht. Sollte auch der Insolvenzverwalter zu dem Schluss kommen, dass Flixtrain gegen geltende Verträge verstoßen hat, wird man notfalls wohl vor Gericht ziehen und die ausstehenden Forderungen von Flixtrain eintreiben. Traurig ist es in jedem Fall für die zahlreichen Mitarbeiter von LEO Express, die bei dem Unternehmen wohl keine Zukunft mehr haben werden.

Auch wie die neue Strategie der Regionalverkehre funktionieren soll, wird sich wohl erst noch zeigen. Denn für das Betreiben einer regulären Regionalverkehrslinie müsste LEO Express zunächst Ausschreibungen der Bundesländer gewinnen, die den gewünschten Regionalverkehr entsprechend ausschreiben und auf diesem Wege den Betreiber einer Linie festlegen. Zudem müsste dazu wohl erst einmal die aktuelle Insolvenz abgewendet oder eine neue Finanzierung gefunden werden, bevor man sich auf den Betrieb neuer Linien konzentrieren kann.

Ganze Mitteilung von LEO Express im Wortlaut

Im März stellte Leo Express auf dringende Bitte von FlixTrain seine deutschen Züge auf der Strecke Berlin-Stuttgart wegen der Corona Virus-Epidemie ein. Dies erfolgte lediglich aus wirtschaftlichen Gründen auf Seiten von FlixTrain. Es gab zu keinem Zeitpunkt eine behördliche Anordnung, andere offizielle Maßnahme oder auch nur eine Empfehlung von deutschen öffentlichen Stellen, den Zugverkehr einzustellen. Leo Express führte so den Betrieb in der Tschechischen Republik, der Slowakei und Polen weiter. Die wiederholten dringenden Forderungen von Leo Express, auch in Deutschland den Betrieb endlich wieder aufzunehmen, lehnte FlixTrain immer wieder ab und kündigte später sogar den Vertrag. FlixTrain hat damit unter brutaler Ausnutzung seiner monopolartigen Stellung im privaten deutschen Fernverkehr in schwerwiegender Weise gegen seine vertraglichen Verpflichtungen verstoßen und Leo Express schweren Schaden zugefügt. Leo Express will sich nun in Deutschland auf Regionalverkehre konzentrieren.

Leo Express ist seit Eintritt in den deutschen Markt sehr erfolgreich und heute die zweitgrößte private Bahnverkehrsgesellschaft in Deutschland. Auf der Strecke Berlin-Stuttgart, auf der Leo Express täglich zwei Verbindungspaare betrieb, erhielte es von seinen Passagieren hervorragende Bewertungen. Leo Express gewann nach und nach mehr Aufträge und erzielte 2019 trotz erheblicher Investitionen einen deutlichen Gewinn.

Leider hat FlixTrain aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten in Folge der Corona Virus-Epidemie diese Verkehre ab dem 19. März eingestellt, obwohl es in Deutschland keine behördliche Anordnung gab, die den Eisenbahnbetrieb im Zusammenhang mit der Corona Virus-Epidemie verbietet oder beschränkt. Als sich die Situation zu Beginn des Sommers zu normalisieren begann, nahm Leo Express intensive Verhandlungen über die Wiederaufnahme des Verkehrs auf. Leo Express war bereit, mit fast 30 Wagen loszufahren, und insgesamt 50 Mitarbeiter warteten auf die Wiederaufnahme des Betriebes. In der Tschechischen Republik, der Slowakei und Polen hat Leo Express den Betrieb problemlos wiederaufgenommen bzw. aufrechterhalten und erheblich in Sicherheitsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona Virus investiert, um den Passagieren ein sicheres und komfortables Reisen zu ermöglichen.

Mit der unrechtmäßigen grundlosen Kündigung des Vertrages verstieß FlixTrain gegen geltendes Recht. Offensichtlich konnte oder wollte Flixtrain seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen und die mit dem Betrieb zwischen Berlin und Stuttgart verbundenen Verbindlichkeiten, Mitarbeiter und Subunternehmer nicht bezahlen. Dies schädigte nicht nur Leo Express, sondern auch eine Reihe von Subunternehmern in Deutschland.

FlixTrain hat derzeit erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber Leo Express, die FlixTrain nicht bezahlen will oder kann. Aufgrund der monopolartigen Stellung der Flix Bus Gruppe im deutschen privaten Fernverkehr besteht für Leo Express keine Möglichkeit, die Verkehre mit einem anderen Partner fortzuführen Die einzig realistische Vorgehensweise für das Management von Leo Express war deshalb, einen Insolvenzantrag für die Leo Express Gesellschaft in Deutschland zu stellen. Der Insolvenzverwalter wird so weiterhin in dieser Angelegenheit tätig sein und die erheblichen Ansprüche gegen FlixTrain weiterverfolgen.

Leo Express will regionale Linien in Deutschland betreiben

Ein weiterer Schlag für Leo Express in Deutschland war der Beschluss der Bundesregierung, die Deutsche Bahn insbesondere durch eine Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe zu unterstützen, um die Auswirkungen der Corona Virus-Epidemie zu bewältigen. Das Vorgehen der Bundesregierung führt de facto zur Entstehung von Monopolisten für den Schienen- und Busfernverkehr. Der Betrieb von Open-Access-Linien in Deutschland zu betreiben, bis faire Bedingungen für neue Wettbewerber festgelegt wurden. Leo Express in Deutschland wird sich künftig auf den Regionalverkehr konzentrieren.

Die Flixbus-Gruppe nutzt ihre monopolartige Stellung auf dem deutschen Markt rücksichtslos aus und schädigt so nicht nur Leo Express und diverse deutsche mittelständische Subunternehmen, sondern auch den Prozess der Eisenbahnliberalisierung in Europa. Leo Express hat auf seinen Strecken in der Tschechischen Republik, der Slowakei und Polen bewiesen, dass es möglich ist, privaten kommerziellen Schienenverkehr erfolgreich zu betreiben. Das deutsche Projekt wurde von der Flixbus-Gruppe aus reinem Eigennutz zerstört.

Wir bedauern, dass Flixtrain mit seinen Schritten nicht nur Leo Express, sondern auch vielen Mitarbeitern sowie Lieferanten Schaden zugefügt hat.

Update 12.10.2020: Stellungnahme von Flixtrain

Auf unsere Anfrage hin hat sich nun auch Flixtrain zu Wort gemeldet und weist die Vorwürfe, den Vertrag rechtswidrig gekündigt zu haben, ausdrücklich zurück und teilte mit, dass man allen bestehenden finanziellen Verpflichtungen nachgekommen sei. Zu genauen vertraglichen Details könne man allerdings keine Aussagen machen.

Flixtrain beteiligt sich allerdings an der von LEO Express geäußerten Kritik an den Staatshilfen für die Deutsche Bahn. So brauche es auch laut Flixtrain einen fairen Wettbewerb, während die Staatshilfen für die Deutsche Bahn dem öffentlichen Personenverkehr schaden würden.

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