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Brauchen wir eine Fahrrad-Steuer?

Veröffentlicht am 17. Juli 2022 | Lesedauer: 7 Minuten

Gerade in Diskussionen rund um den Ausbau von Infrastruktur für Fahrräder und den Wegfall von Parkplätzen am Straßenrand kommt immer wieder das Argument von Seiten der Autofahrenden auf, dass sie die Autofahrenden mit ihren KFZ-Steuern doch immerhin die Straßen finanzieren würden, während Radfahrende keine Steuern dafür zahlen müssten. Vielmehr sollten doch dann auch Radfahrende Steuern zahlen, wenn die Infrastruktur für den Radverkehr zu Lasten des motorisierten Verkehrs ausgebaut werden soll. Doch wie sieht es eigentlich wirklich aus? Werden die Straßen wirklich aus den Einnahmen aus der KFZ-Steuer finanziert und die Radfahrenden tragen nicht dazu bei? Wäre eine Fahrrad-Steuer sinnvoll?

In Deutschland gibt es aktuell rund 59 Millionen Kraftfahrzeuge. Hinzu kommen dann noch einmal rund acht Millionen Anhänger. Auf der anderen Seite gibt es in Deutschland etwa 80 Millionen Fahrräder. Beide Zahlen haben in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Im Schnitt besitzt damit rein rechnerisch aber fast jeder Deutsche ein Fahrrad und knappe 70 Prozent der Bevölkerung ein Kraftfahrzeug.

Wer bezahlt die Straßen?

Erst einmal denken viele Autofahrende, dass die KFZ-Steuer, die sie jedes Jahr an den Staat bezahlen müssen, für die Wartung und den Ausbau der Straßen genutzt wird. Doch die KFZ-Steuer ist nicht zweckgebunden. Das bedeutet, dass der Staat diese Einnahmen nicht unbedingt für die Straßen nutzen muss, sondern mit diesem Geld auch andere Dinge wie Schulen oder Grünanlagen finanzieren kann.

Doch angenommen das Geld fließt dennoch komplett in die Straßen, reicht das Geld dennoch nicht aus. Denn beispielsweise im Jahr 2020 beliefen sich die Einnahmen aus der KFZ-Steuer auf insgesamt rund 9,53 Milliarden Euro. Das klingt erst einmal viel, aber demgegenüber stehen auch sehr hohe Kosten. So werden jedes Jahr insgesamt etwa 70 Milliarden Euro für den Bau und den Unterhalt der Straßeninfrastruktur ausgegeben. Damit gibt es eine enorme Lücke zwischen den Einnahmen aus der KFZ-Steuer und den Kosten für den Straßenverkehr, die aus anderen Steuereinnahmen gedeckt werden muss.

Nun kommen viele Autofahrende mit den Steuereinnahmen aus der Energiesteuer als weitere Einnahme. Diese beliefen sich 2020 auf insgesamt 37,6 Milliarden Euro. Darin enthalten sind jedoch auch Einnahmen aus der Besteuerung von Heizöl oder Kohle und aus Diesel für den öffentlichen Nahverkehr, die Landwirtschaft oder Baumaschinen. Der echte Anteil der Autofahrenden an den Einnahmen aus der Energiesteuer ist somit noch deutlich geringer. Doch selbst wenn man die gesamte Energiesteuer noch zu den Einnahmen aus der KFZ-Steuer hinzurechnen würde, bliebe noch immer eine Lücke von knappen 20 Milliarden Euro im Jahr.

Um diese Lücke zu schließen, werden dann natürlich auch andere Steuergelder genutzt. Und diese anderen Steuergelder stammen dann eben nicht nur von Autofahrenden, sondern auch von allen anderen Teilen der Bevölkerung und damit auch von Radfahrenden, die somit ebenfalls den Unterhalt und den Ausbau der Straßen mit finanzieren.

Wie sinnvoll wäre eine Fahrrad-Steuer?

Vor diesem Hintergrund wäre somit zunächst einmal festzuhalten, dass auch Radfahrende sich ohne die Einführung einer Fahrrad-Steuer bereits finanziell an dem Bau und dem Unterhalt von Straßen und Radwegen beteiligen und es dazu keine neue Steuer bedarf. Hinzu kommt, dass die Einführung einer solchen neuen Steuer inklusive der Erfassung aller Fahrräder und dem Eintreiben der Steuer einen derart hohen Aufwand erfordern würde, dass dieser in keinem Verhältnis zu den Einnahmen stehen würde. Denn eine Steuer für Fahrräder würde realistischerweise nicht sonderlich hoch sein. Immerhin benötigen Fahrräder anteilig an der gesamten Straßenfläche nur einen recht kleinen Teil und nutzen die Infrastruktur gleichzeitig auch noch weniger ab als Kraftfahrzeuge. Wenn man dies berücksichtig und das Fahrradfahren nicht derart teuer machen möchte, dass Radfahrende wieder auf andere Verkehrsmittel umsteigen, würde man bei einer recht geringen Steuer von wenigen Euro im Jahr liegen. Auf der anderen Seite würden allerdings hohe Personal- und Verwaltungskosten anfallen, die diese Einnahmen direkt wieder aufbrauchen würden.

Doch auch politisch kann eine Fahrrad-Steuer nicht wirklich wünschenswert sein. Denn Fahrräder sind das effektivste Verkehrsmittel überhaupt. So ist es absolut klimafreundlich, vergleichsweise günstig, nimmt wenig Raum ein, verursacht keinen Lärm oder Abgase und ist gerade in Städten meist schneller als ein Auto. Gerade in Städten sollte daher das Ziel sein, den Fahrradverkehr zu fördern und mehr Leute zur Nutzung des eigenen Fahrrads zu bewegen. Mit einer Steuer würde man das Fahrradfahren hingegen teurer und unattraktiver machen.

Zudem würde man mit einer Fahrrad-Steuer ärmere Haushalte noch zusätzlich belasten, die sich heute schon kein Auto und oft auch den öffentlichen Nahverkehr nicht leisten können. Eine zusätzliche Steuer auf das Fahrrad würde diese Haushalte in ihrer Mobilität somit schlimmstenfalls noch weiter einschränken. Und ein Aussetzen der Fahrrad-Steuer für einkommensschwächere Personen oder Haushalte würde den Verwaltungsaufwand nochmals erhöhen und damit wieder weitere Kosten verursachen, die erst einmal wieder gedeckt werden müssen.

Es gibt aber durchaus auch Argumente für die Einführung einer Fahrrad-Steuer. Und das vor allem dann, wenn diese zweckgebunden für den Ausbau der Fahrradinfrastruktur eingesetzt werden müsste. Denn dann stände mehr Geld zur Verfügung, das explizit für den Ausbau von Radwegen und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder genutzt werden könnte, was zu einer höheren Qualität dieser Infrastruktur führen würde und auch einen schnelleren flächendeckenden Ausbau separater Fahrradinfrastruktur in Deutschland ermöglichen würde. Zudem bekämen dann auch die Radfahrenden mehr Sichtbarkeit und ein neues Argument, um auf den Ausbau der Infrastruktur und den Erhalt dieser in einem angemessenen Zustand zu drängen.

Fazit

Im Endeffekt ist es also tatsächlich so, dass die Kosten für Straßeninfrastruktur bei weitem nicht durch die Einnahmen aus der KFZ-Steuer gedeckt werden können. Und selbst mit den Einnahmen aus der Energiesteuer lässt sich die Infrastruktur nicht alleine finanzieren. Vielmehr fließt noch eine Menge Steuergeld aus anderen Quellen in den Unterhalt und Ausbau der Straßeninfrastruktur. Und dieses Geld stammt dann eben auch von den Radfahrenden, die damit bereits einen Teil zur Finanzierung der Straßeninfrastruktur beitragen.

Zudem würde die Einführung einer Fahrrad-Steuer einen enormen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, der wiederum derart hohe Kosten verursachen würde, dass ein großer Teil der neuen Steuer alleine für diesen Verwaltungsaufwand draufgehen würde und somit nicht produktiv für eine Verbesserung der Infrastruktur im Land eingesetzt werden könnte.

Die Einführung einer solchen Fahrrad-Steuer ist somit am Ende aus mehreren Gründen gar nicht so vorteilhaft und fair wie es teilweise in manchen Diskussionen dargestellt wird. Auf der anderen Seite hätte sie allerdings auch ein paar Vorteile und würde mehr Sichtbarkeit und Priorität für den Fahrradverkehr bringen. Zudem könnte bei einer Zweckbindung durch die Einnahmen flächendeckend eine deutlich bessere Fahrradinfrastruktur geschaffen werden, die dann wiederum mehr Menschen zum Fahren mit dem Fahrrad motivieren könnte. Schlussendlich muss diese Entscheidung jedoch die Politik treffen. Und zumindest derzeit sieht es nicht so aus, dass es in den nächsten Jahren eine Fahrrad-Steuer geben wird.

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Franz Zottl · Am 13. August 2023 um 09:34 Uhr

es wäre logisch, dass Fahrradfahrer genau so besteuert werden würden , aber nur wenn sie nicht schon für ein Auto oder andere Fahrzeuge die Straßensteuer bezahlen., jedoch müssten auch Fußgänger besteuert werden, auch für diese werden Wege , Zebrastreifen , Verkehrsampeln und dergleichen gebaut. Also bitte am Boden bleiben !!!!!!!!!!

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